Die Křivoklát Region
Der Königsurlaub
Weinachten 1100 war die letzte für den Fürsten Břetislav II. aus dem herrschenden Geschlecht Přemyslovci (Primisliden). Er kehrte gerade aus der Jagd in den Křivoklát Wäldern auf den Fürstenhof in Zbečno zurück, wenn ihn auf dem Weg nahe Zbečno der Mörder Lorek mit einem Speer attackierte. Der Mörder wurde von dem Feindgeschlecht Vršovci geworben. Nach zwei Tagen des Kampfes ums Dasein ist Břetislav II. gestorben. Auf der Stelle, wo nach einer Sage Lorek den Fürsten durchstach, bauten die Leute eine Kapelle, die dort bis heute steht.
Nach Břetislavs Gewalttod wandten sich die Primisliden von der Křivoklát Region nicht ab. Es war wahrscheinlich der König Přemysl Otakar II., der „eisern und golden“ genannt ist, der auf der Landzunge über dem Flüsschen Rokytka (der heutige Rakovnický Bach) eine kleine Jagdburg baute, aus der die nächsten Generationen der tschechischen Könige die prächtige Burg Křivoklát aufbauten. Diese Burg ist die Perle in der Krone tschechischer Sehenswürdigkeiten , das Kleinod der gotischen Architektur und auch die Bühne der bekannten historischen Geschichten: der Geburt von Markéta, die erste Tochter des späteren Kaisers und „Landesvaters“ Karel IV., der geheimen Liebe des Erzfürsten Ferdinand Tyrolský und der schönen Kaufmannstochter Filipína Welser oder der Gefangenschaft des englischen Alchimisten Edward Kelley und des Bischof der Böhmischen Brüdergemeinde Jan Augusta, der in dem gefürchteten Gefängnis 16 lange Jahre verbrachte.
Bevor die Burg in den zwanzigen Jahren des 20. Jahrhunderts der Tschechoslowakische Staat gekauft hatte, gehörte sie fast zwei Jahrhunderte dem Adelsgeschlecht der Fürsten von Fürstenberk, unter derer Regierung die Křivoklát Region aufblühte. Von vielen Erinnerungen an dieses bedeutendes Geschlecht dominieren die unendlichen Wälder, die viele der besten Spezialisten ihrer Zeit pflegten, das monumentale Denkmal des Fürsten Karl Egon II. von Fürstenberk und die Burg Křivoklát, die das Fürstenberk Geschlecht aus den Ruinen aufbaute, die aus der Burg nach einem zerstörenden Brand im Jahre 1826 blieben.
Zu der Křivoklát Herrschaft der Fürsten von Fürstenberk gehörte bis jahre 1921 auch das Schloss in Lány, das sie in demselben Jahr dem tschechoslowakischen Staat als den zukünftigen Sommersitz des ersten tschechoslowakischen Presidenten T. G. Masaryk vekauften. Das Schloss wurde der offizielle Sommersitz des Presidenten noch in demselben Jahr und der President T. G. Masaryk fand an der Křivoklát Region bald Gefallen, änhlich wie die Primisliden fast ein tausend Jahre früher. Lány war sein zweites Heim und nach seiner Abdikation verbrachte er hier das Ende seines Lebens und ist da mit seiner Ehefrau Charlotte, seinem Sohn Jan und seiner Tochter Alice begraben.
Einer der letzten Ausflüge, den Masaryk aus Lány machte, führte im März 1937 zu der Burg Krakovec, wo im Jahre 1414 ein paar Monate vor seinem Abgang nach Konstanz Meister Jan Hus verweilte und wo er sein Testament in der Vorahnung seines nahenden Martertodes verfasste. Die gotische Burg Krakovec, die dank ihrer aussergewöhnlichen Architektur (die auf der Entwickungsgrenze zwischen Burgen und Schlössern steht) die letzte Burg in Tschechien genannt wird, verkam nach dem Brand am Ende des 18. Jahrhunderts. Sie war kein stolzer Adelssitz mehr, um so mehr begann sie aber romantische Seele, einschlieβlich des Dichters Karel Hynek Mácha anzuziehen, der diese Burg auf seinem Bummel besuchte. In der Křivoklát Region besuchte dieser Dichter nicht die kleinste Königsburg in Tschechien – Jinčov, aber zweimal besuchte er die Ruinen der Königsburg Týřov, die im dreizehnten Jahrhundert nach dem Vorbild der unangreifbaren französischen Kastelle gebaut wurde. Ähnlich wie der Autor des Gedichtes Máj (Mai) vor fast zwei hundert Jahren, kehren heute die Leute zu dieser Burg zurück, um die berauschende Aussicht aus den Ruinen des Burgpalastes zu genieβen. Sie können Skryje sehen, das dank den Fossilien prähistorischer Tiere (die „trilobiti“ genannt werden), die in der Umgebung dieses Dorfes der französische Forscher Joachim Barrande entdeckte, berühmt ist. Sie können sowohl Týřovice sehen, wo der populäre non-fiction Autor Miroslav Ivanov lebte und schuf, als auch das Tal des Flusses Berounka, des schönen und geliebten Flusses des Schriftstellers Ota Pavel, dessen Gedenkgeschichten aus der Křivoklát Region (die in den Sammlungen „Smrt krásných srnců“– „Der Tod der schönen Rehböcke“ und „Jak jsem potkal ryby“ – „Wie ich die Fische traf“ herausgegeben sind) unterhalten und ergreifen weitere und weitere Generationen bezauberter Leser. Sie können auch die tiefen Wälder auf den Abhängen über dem Bach Oupoří sehen, wo der Wilddieb Fous jagte und die das Heim von Dyma sind. Dyma ist der Schutzgeist der Křivoklát Wälder, dessen Ankunft der Nebel meldet, der nach dem Gewitter aus den Wäldern steigt.
In die Křivoklát Region, die im Jahre 1977 die Genholzartbank in dem Programm Der Mensch und die Biosphäre der UNESCO Organization und ein Jahr später ein Naturschutzgebiet wurde, kehren gern auch die Filmmacher, hier drehten Angelina Jolie, Matt Damon und Elijah Wood. Die Macher der neuen Filmadaption der mittelalterlichen Liebeslegende Tristan und Isolde sagten sogar, dass sie das ganze Europa durchquerten, aber nirgendswo fanden sie mehr mysteriöse und romantische Wälder als in der Křivoklát Region.